China kommt Kohleindustrie entgegen

China möchte den Markt für Kohlestrom freier gestalten – auf diesem Weg möchte China gegen die Stromknappheit im Land vorgehen. Firmen und Verbrauchern dürfte das behilflich sein. Aber sind dadurch die Klimaziele noch zu halten?

China

Es ist schon zwei Jahre her, dass sich die Nationale Energiekommission Chinas getroffen hat. Wie ernst die Lage ist, sieht man daran, dass sie am Wochenende zusammengekommen ist. Der Markt für Kohlestrom in der Volksrepublik soll, wie gestern bekannt gegeben wurde, liberalisiert werden. „Diese Maßnahmen sind ein weiterer Schritt der Reform des Elektrizität-Marktes“, sagte Wan Jinsong vom Komitee für Reform und Entwicklung in einer Pressekonferenz.

Das Ziel ist es, einen Strompreis zu schaffen, der durch Nachfrage und Angebot fallen und steigen kann. China will es für Kraftwerksbetreiber attraktiver machen, Strom zu produzieren, indem es den Kohlestrommarkt teilweise liberalisiert. Denn momentan sind die Strompreise in der Volksrepublik stark reguliert. Weil derzeit in China eine geringe Menge Kohle auf dem Markt ist und die Preise für den Brennstoff ziemlich hoch sind, lohnt es sich für die meisten Kraftwerksbetreiber nicht, Strom zu erzeugen.

Produktionsstopp in den Fabriken

In einigen chinesischen Landesteilen muss deshalb seit Wochen immer öfter zwangsweise der Strom abgestellt werden – in Industriegebieten und für Privathaushalte. Ein zusätzlicher Grund für die Abschaltungen ist offenbar, dass lokale Regierungen versuchen, Umwelt- und Klimavorgaben der Zentralregierung einzuhalten.

Die Stromknappheit bereitet der Wirtschaft in China große Schwierigkeiten. In Fabriken muss oftmals mit kurzer Vorwarnzeit der ganze Betrieb heruntergefahren werden. Auch ausländische Unternehmen sind davon betroffen. Laut Aussage von Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China, werden die Probleme noch einige Monate anhalten – und sich höchstwahrscheinlich im Winter noch verschärfen. Der Grund dafür sind die vielen kohlebetriebenen Fernwärme-Kraftwerke in Nordchina, die in den kommenden Wochen Stück für Stück hochgefahren werden.

„Einige werden hinten runterfallen“

„Das richtige Rätselraten geht eigentlich erst am Freitag los“, sagt Wuttke. „Am 15. Oktober wird in Nordost-China planmäßig die Fernwärme angestellt und dann geht es wirklich zur Sache. Dann müssen wir sehen, inwieweit sie Firmen vom Strom abschließen. Denn ganz klar hat man sich um die Bewohner zu kümmern, um Schulen und öffentliche Gebäude. Da werden einige von uns hinten runterfallen.“

Die Liberalisierung des Kohlestrommarktes sollte die Lage für Verbraucher und Unternehmer etwas lockern. Einige Beobachter zweifeln allerdings daran, dass China seine Klimaziele noch konstant halten kann. Auch, weil vermutlich noch mehr neue Kohlekraftwerke erbaut werden sollen als ohnehin schon geplant.

Bis 2060 klimaneutral

China hat mehr CO2 Ausstoß, als alle anderen Ländern der Welt . Die Staatsführung geht davon aus, dass die Emissionen des klimaschädlichen Treibhausgases noch etwa zehn weitere Jahre zunehmen werden. Erst nach 2030 sollen Sie wieder abnehmen und bis 2060 dann möchte die Volksrepublik klimaneutral sein.

Die Energieexpertin Yan Qin von der Wirtschafts-Analysefirma Refinitiv in Norwegen sieht das langfristige Ziel allerdings nicht in Gefahr. „Weil Energiesicherheit jetzt die Top-Priorität der Regierung ist, könnten die kurzfristigen Klima- und Umweltziele im kommenden halben Jahr etwas angepasst werden“, sagt sie. „Wir sehen ja, wie jetzt die Kohleindustrie gefördert wird. Aber kurzfristige Klimaziele und mittel- und langfristige Ziele sind zwei verschiedene Dinge.“

Chinas Nationale Energiekommission äußert sich wie folgt: Man werde je nach Situation den Zeitplan neu berechnen.

Quelle: tagesschau.de

Autorin: Sophie Pixis