Kindeswohl versus Unterhaltung
TikTok ist nicht die einzige Plattform, die aufgrund lascher Datenschutzrichtlinien in der Kritik steht. Das deutsche Netzwerk Schüler VZ beispielsweise musste im Zuge der DSGVO-Einführung 20.000 Euro aufgrund unzureichender Sicherheitsvorkehrungen zahlen. Im Falle von TikTok stehen jedoch andere Summen im Raum: Satte 1,4 Milliarden Euro soll der Plattformgigant den klagenden Eltern zahlen.
Die Forderung auf 1,4 Milliarden Euro basiert auf der Annahme, dass TikTok diverse Daten von Kindern gesammelt, unerlaubt ausgewertet und im Anschluss zu Marketing-Zwecken verwendet habe. Die „personalisierte Werbung“ habe auf die Minderjährigen einen übermäßigen Reiz ausgeübt. Teure Abos etwa habe TikTok auf diese Weise verkauft. Nun ziehen rund 64.000 Eltern zusammen mit der Stiftung für Marktinformationsforschung SOMI vor Gericht und fordern Wiedergutmachung. Eine Sprecherin wies diese Forderung vehement zurück, denn:
- die Nutzung der Plattform sei freiwillig sowie kostenlos,
- individualisierte Werbebotschaften seien weit verbreitet,
- es existiere ein Mindestalter für die Nutzug der Plattform.
Mehr als Datengier: Gefährdung des Kindeswohls
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mütter und Väter Recht erhalten, scheint gering. Ein weiterer Vorwurf jedoch könnte TikTok teuer zu stehen kommen: Angeblich verführe der Konzern seine User zu gefährlichen „Challenges“, zu deutsch „Mutproben“. In den USA führten solch Challenges zu mehreren medizinischen Notfällen. Mindestens ein Teilnehmer starb während einer sogenannten Cinnamon Challenge.
Sollten die Richter TikTok in der Pflicht sehen, solche Mutproben aktiv(er) zu unterbinden, könnten durchaus einige Millionen Euro Schmerzensgeld beziehungsweise Schadensersatz fließen. Die Summe von 1,4 Milliarden Euro scheint angesichts eines bereits existierenden Mindestalters von 13 Jahren und einer gesonderten Prüfung von Accounts von unter 16-Jährigen überzogen.
Quelle: Stern.de
Autor: Jan Lauer