Die Bruttomarge – Indiz für stabile Einnahmen und seriöses Management
KGV, KUV, KBV … Die Liste an Verhältnisformeln zwecks Unternehmensbewertung ist lang. Selbiges gilt für die Möglichkeiten, diese zu schönen. Sogenannte SPACs etwa greifen besonders gerne und besonders tief in die Trickkiste. Beispiel EBITDAM. Mit dem EBITDAM, also den Earnings Before Interest, Income Taxes, Depreciation, Amortization and Management Fees, werden nun Gewinne vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf Sachanlagen zuzüglich der Management- und Werbekosten ausgewiesen. Auch minimale Umsätze werden Anlegern als Gewinne verkauft, obgleich das Unternehmen nach wie vor defizitär arbeitet. Zeit, auf Bewertungskriterien mit Mehrwert zu blicken!
In der Bruttomarge finden Anleger exakt solch ein Kriterium. Denn der Vorsteuergewinn nach Abzug der direkten Herstellungs- und Verkaufskosten zeigt auf einen Blick, ob und in welcher Höhe das Unternehmen trotz seiner laufenden Ausgaben Gewinne erzielt. Zudem werden steuerliche Aspekte ausgeblendet. Angesichts drohender Steuerreformen bietet die Bruttomarge also das ideale Vergleichsinstrument, Konzerne auf globaler Ebene in ihrer Effizienz zu vergleichen. Denn je höher die Bruttomarge, desto besser versteht es die Unternehmensführung, Einnahmen zu erzielen. Ungeachtet der geschäftsbedingten Ausgaben! Und: Gewinne auf Bruttoebene stehen prinzipiell für Investitionen zur Verfügung. Konzerne mit einer ausgezeichneten Vorsteuergewinn-Bilanz dürfen also nicht nur als krisensicher, sondern auch als zukunftsträchtig gesehen werden.
L´ORÉAL

Lippenstift? Aber sicher! Auf die kleinen Helfer der Luxus-Kette L´ORÉAL verzichtet die modebewusste Frau auch in Krisenzeiten nicht. Und auch für das männliche Geschlecht haben die Franzosen allerlei Produkte im Angebot. Das Ergebnis? Eine Bruttomarge von 73 Prozent! Damit fällt das Geschäft von L´ORÉAL noch effizienter als das der heimischen Konkurrenten LVMH und Kering aus. Besonders interessant: Die jüngsten Quartalszahlen belegen einen deutlichen Umsatzanstieg in sämtlichen Produktkategorien sowie sämtlichen Märkten. Die anstehenden Preiserhöhungen pünktlich zum Weihnachtsgeschäft dürften von den Kunden bereitwillig gezahlt werden und zu weiteren Umsatzsprüngen führen. Einzig und allein die Entwicklungen in China könnten die Bruttomarge drücken, denn Peking will mit seinem „Wohlstand für Alle“-Gesetz neben Tech und Bildung auch den Luxus-Sektor stärker regulieren.
SAP

Nicht nur den deutschen Aktienindex DAX führt der Software-Profi SAP mit einer brutalen Bruttomarge an: Mit einer Gewinnmarge nach Herstellungskosten von 71 Prozent gehört SAP auch weltweit betrachtet zu eines der profitabelsten Unternehmen. Nach einem spektakulären Einsturz infolge der angekündigten Neuorientierung in Richtung Cloud-Business sowie Abo-Modell konnte sich der Kurs der Aktie von knapp 90 Euro auf 125 Euro deutlich berappeln. Die „Software as a Service“-Rechnung scheint aufzugehen, denn die zuletzt gemeldeten Quartalszahlen attestieren dem Unternehmen ein Umsatzwachstum von 5 Prozent auf 6,84 Milliarden Euro. Analysten hatten für das dritte Quartal 2021 nur mit 6,73 Milliarden Euro Umsatz gerechnet. Der Softwareschmiede Made in Germany stehen die Experten der britischen Investmentbank Barclays besonders positiv gegenüber und raten trotz der jüngsten Rallye zum Kauf.
MERCK & CO

Den dritten Platz in unserer Liste sichert sich der amerikanische Pharmariese Merck, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Chemiegiganten, die Merck KGaG! Solide Pharmaunternehmen stehen grundsätzlich für hohe Gewinne – und somit grundsätzlich in der Kritik. Im Falle Merck ist es insbesondere das Präparat Keytruda, das immer wieder für Diskussionen sorgt. Kein Wunder: Satte 8.000 Dollar kostet eine Dosis des Krebsmedikaments! Ungeachtet regelmäßiger Proteste und gelegentlicher Vorstöße der Politik, die Macht von Merck & Co. einzuschränken, brilliert der Konzern mit einer Bruttomarge von 68 Prozent. Ein Blick auf den Chart offenbart zwar ein stark zyklisches Geschäft, doch Aktie befindet sich derweil in einem klaren Aufwärtstrend. Zuletzt sorgte die Meldung, eine orale Behandlungsmethode für Covid-19-Patienten entwickelt zu haben, für einen kräftigen Kursanstieg. Angesichts einer Dividendenrendite von rund 3,2 Prozent sollte sich das Papier der Merck Inc. & Co. Inc. auf lange Sicht allemal auszahlen!
Autor: Jan Lauer