Europas Bedenken vor Lebensmittelknappheit

Krieg in der Ukraine

Ob Sonnenblumenöl oder Weizen: Die Furcht vor Exportausfällen aus der Ukraine ist sehr groß. Die EU-Landwirtschaftsminister möchten in Zukunft mehr in Europa produzieren – auch auf Kosten der Umwelt.

Krieg in der Ukraine

Auf dem Spiel steht nicht weniger als der „Green Deal“ in der Europäischen Landwirtschaft – zumindest hört man das aus den Reihen der Grünen im Europaparlament. Anlass ist die Sorge vor einer sich zuspitzenden Versorgungslage mit Lebensmitteln, insbesondere mit Weizen und Protein-Erzeugnissen wie Sonnenblumenöl oder Soja.

Denn für diese landwirtschaftlichen Produkte, ist die Ukraine ein global wichtiger Exporteur. Der Krieg dort momentan zerstört nicht nur an vielen Orten Ernte und Anbau. Er zerstört auch gleichzeitig die Transportwege: Häfen, Straßen und Eisenbahnstrecken. Die ukrainischen Erträge könnten in diesem Jahr bis zu zwei Drittel niedriger ausfallen.

Bedenken vor weltweiter Lebensmittelknappheit

Nahrungsmittelengpässe könnten die Folge des russischen Angriffskriegs sein. Und zwar nicht nur in der Ukraine selbst: „Wir sehen, dass wir sehr stark abhängig sind – und ich glaube, dass Europa sehr gut beraten wäre, auch wieder mehr selbst zu produzieren. Aber dieses Jahr wird auf jeden Fall ein sehr schwieriges werden für die Landwirtschaft und damit eben auch für die Lebensmittelversorgung in Europa“, sagt Elisabeth Köstinger, österreichische Landwirtschaftsministerin.

Mehr Produktion in Europa

Deswegen möchten viele EU-Landwirtschaftsminister alles daran setzen, um die Produktion innerhalb Europas zu vermehren. Die EU-Kommission schlägt vor, Brachflächen zu reaktivieren oder solche, die bisher für ökologische Landwirtschaft reserviert waren. Zudem soll es 1,5 Milliarden Euro zusätzliche Fördermittel geben, um verstärkt Soja und Raps in Europa anzubauen.

Und: Die Mitgliedsstaaten sollen Düngemittel fördern dürfen. Kritik, dass auf diese Weise jeder nachhaltige und ökologische Ansatz in der europäischen Landwirtschaft zerstört werde, lässt Julian de Normandie, Frankreichs Agrarminister, nicht gelten: „Wir müssen jetzt auf einmal und im selben Moment unsere Lebensmittelversorgung sicherstellen, das was wir produzieren wollen und bisher produzieren – und zugleich unsere Unabhängigkeit bei der Nahrungsmittelproduktion“, sagt er. Denn die Abhängigkeit spürten manche Mitgliedsstaaten ganz intensiv – und genau darum ginge es.

Auf Kosten der Umwelt

Die Bundesregierung verlangt, trotz des Ausnahmezustands am grundsätzlichen Kurs zu einer ökologischeren Landwirtschaft festzuhalten. Doch momentan scheint das für viele der 27 EU-Staaten nicht das entscheidendste Ziel zu sein. Der Mehrheit kommt es darauf an, auf der Stelle mehr produzieren zu können – ob in Europa selbst nun eine Nahrungsmittelknappheit droht oder nicht.

Er erwarte nicht, dass man in der EU in eine solche Situation hinein gerate durch den Krieg, so der dänische Landwirtschaftsminister Rasmus Prehn. Aber: Seiner Einschätzung nach werden die Preise stark steigen – weswegen man den Lebensmittelmarkt aber nicht stärker regulieren darf.

Autorin: Sophie Pixis