Am 14. Juli 2021 gab die Europäische Zentralbank die vielleicht wichtigste währungspolitische Entscheidung ihrer bisherigen Laufzeit bekannt: Der digitale Euro befindet sich ab sofort in seiner Testphase! Zuvor hatte man stets betont, das Projekt benötige eine weitreichende Planung sowie die Unterstützung sämtlicher Mitgliedsstaaten. Nun will man im Herzen Frankfurts bereits ein Pilotprojekt für den E-Euro gestartet haben: In den nächsten zwei Jahren wolle man sukzessive die alltagsbezogenen Vor- und Nachteile einer digitalen Gemeinschaftswährung herausarbeiten. Die Grundidee sei geklärt, viele Einzelfragen stünden noch offen, so die EZB.
„Rakete hat die erste Stufe gezündet“
Das Selbstbewusstsein der Banker ist beachtlich. Auf die Frage, ob nun bald alle Europäer tatsächlich ihren Kaffee mit einem digitalen Euro bezahlen dürften, antwortete der zuständige Projektleiter Jürgen Schaaf, dass noch keine „endgültige Entscheidung getroffen“ sei. „Aber wenn Sie so wollen, hat die Rakete die erste Stufe gezündet.“
Sinn und Zweck des digitalen Euro sei die Unabhängigkeit von Notenbanken. So argumentiert Schaaf, dass bisherige Online-Zahlungen mit Geschäftsbankengeld abgewickelt werden würden. Das Konzept E-Euro jedoch sähe vor, dass direkt mit Einlagen der Zentralbank gezahlt werde. EU-Bürger würden somit „mit etwas elektronisch bezahlen, dass dem Bargeld gleichkäme.“
Kein Ersatz – nur Ergänzung
Ferner wurde man nicht müde zu betonen, dass man den E-Euro lediglich als eine Ergänzung zum aktuellen Bargeld einführen wolle – und die vielerorts beliebten Scheinchen und Münzen keineswegs abschaffen wolle. Gerade dies befürchten jedoch Gegner des digitalen Euro und sehen bereits das Ende des Bargelds eingeläutet. Vor allem aus Deutschland, dem Land mit den treusten Bargeld-Anhängern und konsequentesten Sparern, droht Gegenwind. Der jedoch blieb zunächst aus. Derweil dominiert die Unwetter-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen die heimische Nachrichtenlage. Die Meldung der EZB? Eine Randnotiz.
Datenschützer warnen, Einzelhändler besorgt
Es steht außer Frage, dass die EZB am Krypto-Hype teilhaben will. Bitcoin & Co. sind in aller Munde. Beziehungsweise Wallets, den digitalen Portemonnaies für Krypto-Währungen. Auch die Ankündigung der Social-Media-Plattform Facebook, eine hauseigene Krypto-Währung auf den Weg zu bringen, dürfte die Banker und Programmierer in Frankfurt angespornt haben.
Indes laufen Datenschützer Sturm: Der jetzige Schritt sei kein Schritt zur Technisierung oder Zentralisierung, sondern ein Schritt zur „Totalüberwachung“. Der Datenschützer Michael Kaiser ist sich sicher: „Eine solche vollständige Überwachung lässt sich auch durch die Anforderungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht begründen.“
Auch der Verbund der Einzelhändler äußert Bedenken. Zumindest in den ersten Quartalen nach Einführung der „Alternativ-Währung“ könne das Vertrauen in den Euro bröckeln. Es drohe eine Flucht in Anlageklassen wie Aktien und ein Run auf Edelmetalle. Vielen kleinen Einzelhändlern, die bereits jetzt unter Umsatzrückgängen litten, beispielsweise durch das Erstarken des Platzhirschen Amazon, könnte die elektronische Neu-Devise schwer zu schaffen machen, wenn die verbleibende Kundschaft plötzlich beginne, umzuschichten.
Quelle: tagesschau.de/wirtschaft/
Autor: Jan Lauer