Kaum Auslandsnachfragen

Im November hat die deutsche Industrie den höchsten Auftragsrückgang seit dem letzten Jahr erlitten. Es wird von Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums von einem schwierigen Winter gesprochen.

Deutsche Industrie

In Deutschland hat die Industrie im November mit einem derben Rückschlag bei den Auftragseingängen zu kämpfen. Um 5,3 % gingen die Bestellungen im Vergleich zum Vormonat zurück, sagte das Statistische Bundesamt. Die Ökonomen hatten nicht mit so einem Auftragsrückgang gerechnet. Um genau zu sein hatten sie im Durchschnitt mit einem leichten Rückgang von 0,5 % gerechnet. Die Aufträge waren noch im Oktober um 0,6% gewachsen.

Der Auftragseingang fiel im Jahresvergleich im November um 11,0 %. „Der Auftragseingang hat damit das niedrigste Niveau seit Juli 2020 erreicht“, teilte das Statistikamt mit.

Rückgang der Auslandsaufträge

Mit 1,1 % nahmen die Bestellungen aus dem Inland zum Vormonat vergleichsweise wenig ab, hingegen brachen die aus dem Ausland um 8,1 % ein. Die Nachfrage aus der Eurozone nahm um 10,3 % ab und das Neugeschäft mit dem restlichen Ausland sank um 6,8 %.
Die Aufträge für Investitionsgüter wie Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen fielen um 8,5%. Bei den Produzenten von Vorleistungsgütern gab es diesmal einen Rückgang von 0,9 %. Für Konsumgüter sanken die Bestellungen um 0,7 %.

Auftragsbestand ist hoch

Die Entwicklung zeige, „dass die Industrie einen schwierigen Winter durchläuft, auch wenn sich die Geschäftserwartungen der Unternehmen zuletzt verbessert haben“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. „Allerdings ist der Auftragsbestand in der Industrie nach wie vor hoch, was die Produktion am aktuellen Rand stützt.“

Analyst Ralph Solveen von der Commerzbank sieht das auch so. Er rechnet damit, dass die Talfahrt bei den Auftragseingängen fast gar nicht auf die Industrieproduktion durchschlagen dürfte. In den letzten zwei Jahren hätten die Firmen große Auftragsbestände aufgebaut. „Angesichts der schwächeren Auftragseingänge und der Belastung durch die hohen Energiepreise mag deshalb die Produktion in den kommenden Monaten zwar fallen, ein Einbruch ist aber unwahrscheinlich“, sagte Solveen.

Wird es besser mit den Engpässen?

Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhäuser Lampe, ist dagegen hoffnungslos: „Das Ergebnis ist ein Schock. Vorsicht und Zurückhaltung scheinen bei Auftraggebern stärker zu regieren. Bedenklich ist auch, dass die Auftragsvergabe nunmehr unter dem Niveau von 2015 liegt. Sinkende Materialengpässe geben nur vage Hoffnung auf bessere Zeiten.“

Derzeit setzt die maue Weltkonjunktur, Energiekrise und der Materialmangel der Industrie zu. Allerdings haben im Dezember die Klagen in der Branche im dritten Monat in Folge abgenommen, und das enorm: 50,7 % der Firmen hatten noch damit zu kämpfen, nach 59,3 % im November, wie das Münchner ifo-Institut ausfindig machte. „Eine Auflösung der Engpässe scheint sich nun in vielen Branchen abzuzeichnen“, sagte der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Dies wird die Konjunktur in den kommenden Monaten stützen.“
Die deutsche Industrie ist laut einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) durch fehlende Produkte aus dem Ausland wie Kunststoffe, Mikrochips und Verpackungen ins schwanken gekommen. Wegen Lieferengpässen von Anfang 2021 bis Mitte 2022 konnten Waren im Wert von etwa 64 Milliarden Euro nicht produziert werden, so das gewerkschaftsnahe Institut.

Autorin: Sophie Pixis
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