Mehrere Kilo Brötchen, einige Paletten Joghurt oder noch frisches Gemüse: Der Blick in die Mülltonnen von vielen Supermärkten ist erschreckend. Auch Lebensmittel, die noch völlig in Ordnung sind liegen in den Müllcontainern. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sagt, dass in Deutschland jedes Jahr um die zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden. Eine Studie der Umweltschutz-Organisation WWF sagt 18 Millionen Tonnen. Doch woran liegt es, dass so viele Lebensmittel im Müll landen?
Das Haftungs-Problem
Bis das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) erreicht ist, haftet der Hersteller für die Ware, anschließen der „Inverkehrbringer“, also der Händler – und zwar spielt es keine Rolle dabei, ob er die Lebensmittel verschenkt oder verkauft. Das Problem an der Sache ist, dass selbstverständlich kaum ein Supermarkt das Haftungsrisiko auf sich nehmen möchte.
Bei Gemüse und Obst gibt es dagegen kein MHD. Haben Gurke, Äpfel und Co. aber eine kleine Macke, sind sie zwar noch essbar, werden von den Endverbrauchern allerdings nicht mehr gekauft und deshalb vom Händler weggeschmissen, so ein Insider.
Steueranreize und Wegwerfverbote
Im Jahr 2016 wurde bereits in Frankreich ein Gesetz erlassen, dass das Wegwerfen von genießbaren Lebensmitteln verbietet. Seit der Einführung des Gesetzes können die Armenküchen und Tafeln auf viel mehr Lebensmittelspenden zurückgreifen als vor der Einführung des Gesetzes.
Mit einem ähnlichen Gesetz folgte auch wenige Monate später Italien. Und zwar mit Steuererleichterungen. Überdies haften die Lebensmittelspender nicht mehr dafür, wenn Waren nicht einwandfrei sind. Schon allein die Haftungsfreistellung hat sehr viel bewirkt.
Genauso folgte auch Finnland den Beispielen von Italien und Frankreich und brachte 2017 ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung heraus, Tschechien schloss sich im Jahre 2018 an.
Was hat die neue Bundesregierung vor?
Kommen gleichartige Gesetze auch hier zu Lande? Auf Freiwilligkeit baute die ehemalige Bundesregierung und nahm sich vor, die Menge der weggeschmissenen Lebensmittel bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Jochen Brühl, Vorsitzender der Tafel Deutschland sagte: „Das halten wir für ein gutes Vorgehen. Aber das darf auch jetzt nicht nur im Reden oder in Appellen steckenbleiben. Das muss konkret werden. Und da sind viele Baustellen offen.“
Doch wie soll es nach dem Wechsel der Bundesregierung weiter gehen? Im Koalitionsvertrag ist das Ziel, die Lebensmittelverschwendung zu minimieren. Das Bundesjustizministerium sagt dazu lediglich: „Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zu der Frage, ob hinsichtlich der unentgeltlichen Weitergabe von Lebensmitteln mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, ist noch nicht abgeschlossen.“
Wenn sich die Gesetzeslage nicht ändern sollte, werden auch in Zukunft Lebensmittel massenhaft im Müll landen.
Quelle: www.tagesschau.de
Autorin: Sophie Pixis