Spannend? Notwendig? Unmoralisch? Die Meinungen über Raytheon Technologies gehen weit auseinander. Fakt ist: Der Hightech-Waffen-Produzent liefert solide Zahlen und gilt als Marktführer bei Hyperschallsystemen. Ist die Aktie ein Kauf? Wir klären auf.
Darf ich oder darf ich nicht?
Nicht wenige Anleger scheuen Rüstungskonzerne wie der Teufel das Weihwasser. Die einen aus moralischen, die anderen aus taktischen Gründen. So verurteilt die eine Seite partout den Gedanken, mit dem Leid Anderer Geld zu verdienen. Die „Produkte“ hiesiger Rüstungskonzerne kosten Tag für Tag Menschenleben, das Argument der Abschreckung sei haltlos, da nicht wirksam. Einen nicht ganz so entschlossenen, weil weniger emotional begründeten, Bogen um Rüstungskonzerne machen Aktionäre, die gemäß dem Motto „Follow the Money“ investieren. Denn börsengehandelte Fonds, die sich mit den Gütesiegeln ESG (Environmental Social Governance) oder SRI (Socially Responsible Investment) rühmen, schließen Investitionen in Konzerne aus der Tabak-, Atom- und nicht zuletzt Rüstungsindustrie rigoros aus. Ebendiese Exchange Traded Funds, kurz ETFs, erfahren derweil eine enorme Nachfrage, was wiederum für einen Rückgang passiver Kapitalzuflüsse bei Rüstungskonzernen führen dürfte.
Demgegenüber stehen jene Marktteilnehmer, die antizyklisch agieren, zukunftsträchtige Value-Werte suchen oder das Argument der Abschreckung anführen. Si vis pacem para bellum – Willst Du Frieden, rüste Dich für den Krieg! Zudem verweisen Aktionäre gerne auf die Tatsache, dass ihre Investments häufig in nicht-militärischen Bereichen tätig sind. So basiert zum Beispiel ein Großteil der orbitalen Infrastruktur auf den Satelliten und Sonden führender Rüstungskonzerne.
Rüstungsaktien lassen sich demnach nicht immer in Schwarz und Weiß einteilen. Weshalb dies auch für die Raytheon Technologies Aktie gelten könnte und ob diese die Chance hat, in den nächsten Monaten den Gesamtmarkt zu outperformen, verraten die folgenden Zeilen.
Überflieger mit Highspeed?
Rüstungskonzerne gibt es, auch an der Börse, wie Sand am Meer. Weshalb sollte sich Raytheon Technologies also gegen Platzhirsche wie Lockhead Martin oder Northrop Grumman durchsetzen? Die Antwort lautet: Hyperschall. Raytheon Technologies forscht fleißig in diesem Bereich und gilt hier sogar als Marktführer. So will man in absehbarer Zeit die ersten Hyperschallraketen mit interkontinentaler Reichweite in Serie produzieren. Kleiner Exkurs: Objekte, die sich per Hyperschall fortbewegen, erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 6.180 Kilometer pro Stunde. Die althergebrachte Schallgeschwindigkeit liegt bei 1.236 Kilometer pro Stunde, umgerechnet 342,2 Meter pro Sekunde. Staaten, die ihren Militärapparat mit solch einer Technologie aufrüsten, sind ihrem Gegenüber zumindest beim Faktor Zeit einen großen Schritt voraus. Einen Quantensprung, wenn es nach den Aussagen von Raytheon Technologies geht.
Größter und bedeutendster Kunde für Raytheon Technologies ist das heimische Militär. Aber auch Verbündete wie die französische Armee greifen auf die Technik der Amerikaner zurück. Hier: eine klassische Raketenabwehrstation im französischen Troyes.
Aller guten Dinge sind vier
Neben der Entwicklung von Hyperschallwaffensystemen (Missiles & Defenses) treibt die Amerikaner die Ausstattung von Verkehrs- und Militärflugzeugen sowie Hubschraubern um. Über die Sparte Collins Aerospace Systems vertreibt man zum Beispiel diverse Innenausstattungselemente, aber auch Energie- und Steuersysteme.
Des Weiteren ist Raytheon Technologies im Triebwerksgeschäft engagiert. Mit dem seit 1925 existierenden Abzweig Pratt & Whitney konnte man gar den Konkurrenten Boeing überzeugen und beliefert den Flugzeuggiganten mit zuverlässigen Hochleistungstriebwerken. Zu guter Letzt bündelt man in der Sparte Intelligence & Space allerlei Abwehrsystem-Techniken. Hier stehen Weiterentwicklungen von Radarsystemen und die Neukonfiguration von Cybersecurity-Software im Vordergrund.
Im Oktober 2021 gab Raytheon Technologies eine Kooperation mit IBM bekannt: Die Konzerne arbeiten ab sofort an der Entwicklung von Kommunikationssystemen der nächsten Generation zusammen. Erkenntnisse aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), Quantentechnologie sowie Kryptografie sollen Sicherheit sowie Latenz der Netzwerksysteme auf neue Level heben. Vorrangige Kunden seien in erster Linie Regierungsbehörden, die kritische Infrastruktursysteme schützen wollen.
Ebenfalls im Produktportfolio von Raytheon Technologies vorhanden: hochmoderne Laserrangefinder. Die Abstandsmesser kommen im Militär, aber auch im 3D-Druck, in der Forstwirtschaft und sogar im Sport zum Einsatz.
Gemischtwarenladen mit Burggraben
Raytheon Technologies gehört zu den größten Produzenten von Militärausrüstung, keine Frage. Insbesondere der Fokus auf Raketensysteme dürfte manch einem Anleger ein Dorn im Auge sein. Wer jedoch hinter die Fassade des Traditionskonzerns schaut, kann einen aufkeimenden Technologieriesen ausmachen. Sofern er denn will! Zwar wird die Fertigung von Komponenten für militärische Zwecke in naher Zukunft weiterhin das Brot-und-Butter-Geschäft von Raytheon Technologies ausmachen. Doch Triebwerke, Radarkomponenten und Frühwarnsystem müssen nicht ausschließlich in Kampfjets und Raketenbasen verbaut werden. Dies gilt insbesondere für die Zukunft. Die zivile Luft- sowie die, mit den Erfolgen orbitaler Expansionsunternehmen à la SpaceX aufblühende, Raumfahrt dürften dem Konzern kräftig wachsende Umsätze bescheren.
Der Bereich der Hyperschalltechnik ist und bleibt jedoch der große Hoffnungsschimmer und dürfte das schlagkräftigste Argument für ein Investment in Raytheon Technologies sein. Aktuell steht die Aktie aufgrund ebendieser Technik bei einigen Anlegern im Fokus, denn derweil wird im US-Kongress über den Einsatz von Hyperschallwaffen diskutiert. Die neuen Raketensysteme seien ein notwendiges Mittel zur aktiven Gefahrenbekämpfung und dienten zugleich der Abschreckung, so die Befürworter. Hyperschallwaffen könnten demnach schon zeitnah in diversen Krisengebieten positioniert werden. In diesem Szenario würden Umsätze im Milliardenbereich winken: Kein anderes Unternehmen befindet sich auf dem Gebiet der Hyperschallwaffenforschung in einem vergleichbar weit vorangeschrittenen Stadium wie Raytheon Technologies.
Dass sich die Produkte aus dem Hause Raytheon Technologies ohne Frage als Abschreckung eignen, macht die Aufnahme dieses aufgerüsteten Kampfschiff vor der Küste Japans deutlich.
Zahlenwerk im Überblick
Aktionäre schauen bekanntlich nicht nur auf das Potenzial eines Unternehmens, sondern auch auf die aktuelle Bilanz. Zumindest solche, die keine Kurzzeitspekulation eingehen wollen. Ein Blick auf die zurückliegende Geschäftsentwicklung von Raytheon Technologies offenbart eine kräftige Erholung: Gegenüber dem Krisenjahr 2020 konnte man 2021 in allen Bereichen zulegen und insbesondere für das dritte Quartal ein kräftiges Plus verkünden. So stieg der Gesamtumsatz für Q3 2021 im Vorjahresvergleich um satte 1,5 Milliarden US-Dollar auf stolze 16,2 Milliarden US-Dollar.
Stabiles Wachstum in Sicht: Sowohl Umsatz als auch Gewinn konnte Raytheon Technologies 2021 deutlich steigern. Der ROI (Return on Investment) lag zuletzt bei 8,57 Prozent. Dieser Trend sollte sich fortsetzen.
Der Gewinn konnte gar die Erwartungen der Analysten schlagen, denn der betrug im herangezogenen Zeitraum 0,88 US-Dollar pro Aktie. Beobachter hatten einen Ertrag von weniger als 0,72 US-Dollar prognostiziert. Insbesondere die Erholung im Luftfahrtgeschäft und die anziehenden Absätze der Triebwerksparte Pratt & Whitney (Umsatzsteigerung: 35 Prozent) sorgten für Euphorie an den Märkten. Apropos Euphorie: Aktionäre freuen sich alle drei Monate über ein kleines Taschengeld, denn der Konzern zahlt seit 1935 eine kontinuierliche Quartalsdividende. Derweil liegt die Ausschüttung pro Aktie bei 1,8 Euro, was einer Rendite von knapp 3 Prozent entspricht. Kleiner Wermutstropfen: Raytheon Technologies wird ähnlich sportlich wie manch eine Hightech-Schmiede bewertet (KGV: 21), liegt mit einer Nettomarge von knapp 7 Prozent jedoch weit hinter der Effizienz von Apple, Microsoft & Co. Die hohen Produktionskosten der „Hardware“ (Triebwerke etc.) schmälern sichtlich die Profitabilität, was zumindest im Branchenvergleich auf eine Überbewertung hindeutet.
Autor: Jan Lauer
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